Design im Kontext gesellschaftsrelevanter Fragestellungen – Interview mit Susanne Klaar

 

Susanne Klaar (Foto: Catrin-Anja Eichinger)

Susanne Klaar ist Designstrategin, Designresearcherin und spezialisiert auf die Methodik Service Design für informelles Lernen. 2011 gründete sie Klaar Design in Hamburg.
Sie bringt Design und Themen einer nachhaltigen Entwicklung zusammen. Sie entwickelt transmediale Projekte, berät Akteure von Wirtschaft bis Kultur und macht Bildungsprojekte für nachhaltige Entwicklung durch visuelle Kommunikation sichtbar und verständlich.

 

 

 

Sie wurden im letzten Jahr von der Hamburger Umweltbehörde als Bildungsakteurin im Bereich Design im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung  mit dem NUN-Zertifikat ausgezeichnet. Wie sieht Ihre Bildungsarbeit aus?

Design steht immer im Kontext gesellschaftsrelevanter Fragestellungen. Eine Bildung für Nachhaltige Entwicklung benötigt Inspiration, Ideenbildung und Umsetzung. Ein wechselseitiger Prozess ist somit Voraussetzung für innovative Wege der Lösungsfindung. Meine Arbeit steht also immer im Kontext konkreter Fragestellungen, die alle vier  Säulen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie, Soziales, Kultur) miteinander verknüpfen.

An wen richten sich Ihre Bildungsangebote?

Sie wenden sich an interessierte Menschen: Ob Schüler oder Schülerin, Studierende, Angestellte oder Selbständige, Unternehmen oder Institution, als Gruppe oder einzeln. Kurz: Wer neugierig ist, ist hier genau richtig!

Was hat Sie dazu bewegt, Ihre Design-Tätigkeiten auf Nachhaltigkeit auszurichten?

Das möchte ich anders formulieren: In meiner langjährigen Arbeit und meinem Leben als Designerin ist mir schon sehr früh bewusst geworden, welchen Einfluss Gestaltungsprozesse haben können. Sehr wichtig ist mir die Beteiligung von Menschen in Gestaltungsprozessen, was ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeit ist.

Welches Nachhaltigkeitsverständnis liegt den Arbeiten Ihrer Agentur zugrunde?

Die Freiheit eigenverantwortlich zu handeln ist das höchste Ziel. Wichtig ist hier der Perspektivwechsel. Welche Rolle spielt der Mensch? Was kann er zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen bzw. was kann er an seinem Handeln verbessern um alte Wertemuster zu durchbrechen?

 

Wie setzt sich Ihr interdisziplinäres Team zusammen?

Sehr unterschiedlich; je nach Aufgabenstellung. Hier gibt es kein Schubladenprinzip. Bei vielen Fragestellungen werden leider die Beteiligten vergessen. Der Mensch hat sogar oft das Dilemma sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen, was ihm sehr schwer fällt. Auch hier ist ein Umdenken für neue Ansätze gefragt.

Zum Thema Visualität von Nachhaltigkeit: Oftmals haben Bioprodukte und –siegel ein ähnliches Design. (Globus, Blatt, Kreislauf, Grün, Blau, Kreislauf..) Wünschen Sie sich mehr Vielfalt in der Gestaltung oder bewerten Sie es positiv, da das Produkt dadurch folgerichtig und schnell eingeordnet werden kann?

Einen Siegeldschungel haben wir bereits geschaffen. Wir müssen unsere Klischees vergessen und die Orientierung in den Mittelpunkt stellen. Neue Bilder im Kopf lassen erst “Neues Denken” und “Neue Umsetzungswege” zu. Durch die Digitalisierung sind wir einer Flut von Informationen ausgeliefert. Eine Schulung hin zu einer eigenen Medienkompetenz ist genau so gefragt wie eine konstruktive Gestaltung.

Was sind Ihrer Erfahrung nach häufige Fehlerquellen bei der Nachhaltigkeitskommunikation?

Wenn wir den Focus auf den Menschen legen und seine Bedürfnisse ansehen, kommen wir zu neuen Ansätzen. Alle vier Säulen stehen in enger Verbindung zueinander. Die niederschwellige Vermittlung der entsprechenden Themen und die Impulsgebung zur Umsetzung wird häufig verpasst. Durch die aktuelle Pflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist es auch wichtig sich die Definitionen von Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) und Corporate Social Responsibility (CSR) genau anzuschauen.

Können Sie uns den Zusammenhang zwischen Marken und Verantwortung erklären: Welche Verantwortung tragen Marken und inwiefern hat das mit Ihrer Arbeit zu tun?

Unser Wirtschaftssystem hat den Schwerpunkt von der industriellen Produktion hin zu einem dienstleistungsbezogenen und erlebnisorientierten “Produkt” verlagert. Die Definition der sozialen Marktwirtschaft ist meiner Meinung nach seit den 80er Jahren nicht mehr existent. Ein Wachstum wird häufig nur noch durch eine Verschiebung erreicht. Wenn wir lernen zu verstehen, dass die Ökonomie momentan nur auf substanziellen Füßen steht wird deutlich, dass wir schnell aktiv werden müssen. Hier haben Marken (Produkt- und natürlich Unternehmensmarken) einen großen Einfluss. Unternehmen treten die Kontrolle ab. Kunden werden nicht mehr als “Endverbraucher” wahrgenommen, sondern als Beteiligte an einem wechselseitigen Prozess.

 Was wollen Sie und Ihre Agentur noch erreichen?

Design ist zu wichtig um es allein den Designern zu überlassen. Klaar Design hat den Anspruch strategische Entscheidungen mitzugestalten und an Lösungen mitzuarbeiten, die die Möglichkeit des Designs auch in andere Kompetenzbereiche überträgt.

Was ist Ihre Vision für eine Nachhaltigkeitstransformation?

Den prägnanten Begriff “bodenständig” möchte ich hier einbringen. Durch sogenannte Reality Checks erleben wir Dinge anders bzw. setzen uns mit Themen neu auseinander. Lernen von- und miteinander und lassen neue Gedanken entstehen, ohne sie zu werten. Diese neuen Bilder entstehen im Prozess. DesignresearcherInnen erforschen jede Menge Optionen. Dieser Weg führt zu einer kreativeren und überzeugenderen Bildung für nachhaltige Entwicklung. Wenn wir beginnen praktisch tätig zu werden,  haben wir einen nützlichen Schritt getan.

Vielen Dank für das Interview!

Wer mehr erfahren möchte, ist herzlich zu folgender Veranstaltung eingeladen:
Interaktive Medien in der Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ am 29. März 2017  in Recklinghausen
Hier ist Klaar Design mit einem Workshop zum Thema vertreten. Hier kann man mit der Praxis beginnen…

Sustainable Identiy Poster von Klaar Design (größer: Sustainable_Identity_Poster)

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