- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
Inklusive Demokratie – Wie es gelingt, alle zu beteiligen
22. September 2022 @ 19:00
Unsere Demokratie hat Mängel. Das Parlament spiegelt in seiner Zusammensetzung bei weitem nicht die Gesellschaft in Deutschland wider. Im Vorwort zum Buch von Katharina Liesenberg und Linus Strothmann stellt Peter Fox fest: „Durch die Wahlkreise ist zwar sichergestellt, dass aus allen Teilen Deutschlands Menschen vertreten sind, aber zum Beispiel beim Geschlechterverhältnis liegt das Verhältnis nicht bei 50:50, und auch die Verteilung nach Bildungsabschluss entspricht nicht den tatsachlichen Verhältnissen: Im Bundestag sitzen 85 Prozent Akademiker/innen.“ Hinzu kommt, dass sich ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger gar nicht an der demokratischen Veranstaltung beteiligt. Wir seien „längst eine elitäre Mittelschichtsdemokratie geworden“, stellt der Berliner Politikwissenschaftler Wolfgang Merkel fest.
Die Autoren Katharina Liesenberg und Linus Strothmann haben ein Mittel dagegen gefunden. In ihrem Buch „Wir holen euch ab!“ wollen sie zeigen, „wie man Politik verändern kann. Und zwar strukturell, so dass für alle Menschen mehr Teilhabe möglich wird“. Es geht ihnen darum, „die zunehmende Differenzierung von Gesellschaft und die Pluralität von Lebenswirklichkeiten ernst zu nehmen“ und Methoden zu etablieren, die die repräsentative Demokratie ergänzen und zu einer „inklusiven Demokratie“ machen.
Das Mittel ihrer Wahl ist, kurz gesagt, die Einführung des „aufsuchenden Losverfahrens“ in die Beteiligungsprozesse auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene. Bürgerbeteiligungsprozesse gibt es ja verbreitet bei uns, aber die bisherigen Formen dieser Partizipation haben einen Haken: Auch sie erreichen nur die interessierten Aktivbürger. „Weil partizipative Angebote auf Freiwilligkeit basieren“, stellen Liesenberg/Strothmann fest, „tritt eine Überwindung der Inaktivität kaum automatisch ein. Viel eher ist es so, dass politisch Aktive solche Formate nutzen, um die eigenen Aktivitäten auszuweiten“. Es reiche aber nicht aus, „nur die dazu zu holen, die sich einbringen wollen. Wir brauchen für eine Vielfalt auch die, die dies nicht können oder wollen“.
An mehreren praktischen Beispielen veranschaulicht das Autorenduo, wie Beteiligungsprozesse durch Zufallsauswahl von Bürgerinnen und Bürgern sowie den direkten aufsuchenden Kontakt zu denen, die nicht von sich aus auf die Einladungen reagieren, vielfältiger, produktiver und erfolgreicher werden. Der Vergleich klassischer offener Beteiligungsformate mit Beteiligungsworkshops, die auf dem aufsuchenden Losverfahren basieren, legt den Schluss nahe, dass diese eher gemeinwohlorientierter und weniger interessenspezifisch agieren. Ein Vorteil, den Kommunen zu schätzen wissen, die mit dem Instrument Erfahrungen gemacht haben: „Insgesamt sorgte die Zufallsauswahl dafür, dass innerhalb der Verwaltung Bürger/innenbeteiligung nicht mehr als undemokratischer Parallelprozess wahrgenommen wurde, sondern als tatsachliche Hilfe für die Entwicklung besserer Konzepte.“
Hier bekommen Sie mehr Informationen.