In Zukunft gemeinsam wirtschaften: Die Gemeinwohlökonomie

Christian Felber, Mitinitiator der Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung und Autor des Buches „Gemeinwohl-Ökonomie“

Unser jetziges Wirtschaftssystem steht auf dem Kopf. Das Geld ist zum Selbst-Zweck geworden, statt ein Mittel zu sein für das, was wirklich zählt: ein gutes Leben für alle.

Unternehmen streben nach Gewinnmaximierung und verdrängen sich so lange gegenseitig vom Markt, bis nur wenige große Konzerne übrig sind. Diese haben dann alle Macht gegenüber Konsument*innen und Staaten und diktieren das globale Geschehen. Umwelt- und Sozialstandards kommen dabei unter die Räder des Profitstrebens. Hier werden neue Ansätze benötigt, die vor allem auch das Gemeinwohl berücksichtigen und nachhaltiger sind. Laut einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung im Jahre 2010 wünschen sich 88% aller Deutschen eine neue und nachhaltigere Wirtschaftsordnung, die den Schutz der Umwelt und den sozialen Ausgleich in der Gesellschaft stärker berücksichtigt. Das sind gute Gründe um eine Gemeinwohl-Ökonomie zu initiieren.

 

Die Gemeinwohl-Ökonomie ist…

auf wirtschaftlicher Ebene eine lebbare, konkret umsetzbare Alternative für Unternehmen verschiedener Größen und Rechtsformen.
Der Zweck des Wirtschaftens und die Bewertung von Unternehmenserfolg werden anhand gemeinwohl-orientierter Werte definiert.

auf politischer Ebene ein Motor für rechtliche Veränderung. Ziel des Engagements ist ein gutes Leben für alle Lebewesen und den Planeten, unterstützt durch ein gemeinwohl-orientiertes Wirtschaftssystem.
Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung sind dabei die zentralen Werte.

auf gesellschaftlicher Ebene eine Initiative der Bewusstseinsbildung für Systemwandel, die auf dem gemeinsamen, wertschätzenden Tun möglichst vieler Menschen beruht.
Die Bewegung gibt Hoffnung und Mut und sucht die Vernetzung mit anderen Initiativen.

Sie orientiert sich als eine Idee und Bewegung am eigentlichen Zweck des Wirtschaftens – der Erfüllung menschlicher Bedürfnisse. Dabei geht es vor allem um gelingende Beziehungen: Sie sind die Voraussetzung, um glücklich zu sein – sie sind Voraussetzung für das Gemeinwohl. Das Geld ist hingegen nur ein Mittel des Wirtschaftens: Die Wirtschaftsleistung, in Geld gemessen, sagt nichts darüber aus, ob das Gemeinwohl steigt oder sinkt. Um zu messen, ob der Zweck erfüllt wird, sind andere Messgrößen gefragt.

 

Die Gemeinwohl-Bilanz

Mehr als 2000 Unternehmen unterstützen das Modell, rund 400 sind Mitglied oder haben bereits eine Gemeinwohl Bilanz erstellt, wie das moderne und umweltfreundliche Familien-Untenehmen VAUDE.

Der individuelle Beitrag zum Gemeinwohl wird auf Basis der Gemeinwohl-Matrix definiert und bewertbar gemacht. Das ermöglicht die systematische Betrachtung aller Aktivitäten aus einer 360°-Perspektive und schärft den Blick für das Wesentliche:

  • Was für Auswirkungen haben wirtschaftliche Aktivitäten auf die allgemeine Lebensqualität, heute und morgen?
  • Wird die Menschenwürde geachtet?
  • Wird soziale Gerechtigkeit gefördert?
  • Wird ökologische Nachhaltigkeit sichergestellt?
  • Wie transparent, solidarisch und demokratisch werden unternehmerische Ziele erreicht?

Sowohl Unternehmen als auch Bildungseinrichtungen und Gemeinden können bilanzieren. Dabei erfolgt die Bilanzierung in drei Schritten:

  • Gemeinwohl-Bericht erstellen
  • das Ergebnis extern prüfen lassen
  • die Gemeinwohl-Bilanz veröffentlichen

Für die breitflächige Etablierung eines ethischen Wirtschaftssystems in Europa wurde das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie auch vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) weiterempfohlen.

Lisa Muhr, Co-Geschäftsführerin, Göttin des Glücks GmbH

Der Prozess der Bilanz-Erstellung bringt tiefgehende Erkenntnisse und wertvolle Strategien für die Zukunft. Und es schafft völlige Transparenz, für alle Stakeholder.

Auf dem Gemeinwohl-Ökonomie-Blog erfahren Sie mehr über aktuelle Ereignisse. Wenn Sie mehr über die Community erfahren möchten, schauen Sie hier vorbei.

Punkte aus der Gemeinwohl-Ökonomie werden auch im berufsbegleitenden Qualifizierungsangebot Strategisches Nachhaltigkeitsmanagement unter die Lupe genommen. So haben z.B. Studierende in der Qualifizierung M3: „Nachhaltigkeitsprojekt“ ausgewählte Indikatoren der Gemeinwohlbilanz für die HNEE untersucht. Erste Anregungen bekamen sie bei der Teilnahme am „Runden Tisch zur nachhaltigen Entwicklung der HNEE“.

 

 

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