„Auf Augenhöhe mit den Produzent*innen“ – Interview mit dem Berliner Fair-Trade-Label Folkdays

Die Betreiberinnen von FOLKDAYS tragen wunderschöne, handgefertigte Kleidung und Accessoires aus aller Welt zusammen.

Die Betreiberinnen von FOLKDAYS tragen wunderschöne, handgefertigte Kleidung und Accessoires aus aller Welt zusammen.

Schöne und sozialverträgliche Mode, ohne klischeehaftes „Kartoffelsackdesign“? Dass das möglich ist, beweist das Berliner Start up FOLKDAYS Hand–made Fairtrade Accessories from Original Source. Das Label, das bisher ein online-basierter Shop war, hat nun auch einen Ladenlokal in Berlin-Kreuzberg. Wir haben Gründerin Lisa Jaspers ein paar Fragen zu ihrem Unternehmenmodell und auch zum Thema Nachhaltigkeit gestellt.

Lisa, wie seid ihr auf die Gründungsidee von FOLKDAYS gekommen?

Nachdem ich in der Entwicklungshilfe tätig und viel in Entwicklungsländern unterwegs war, hat sich bei mir das Gefühl entwickelt, dass Entwicklungshilfe nur schwierig eine langfristige Lösung in der Bekämpfung von Armut sein kann. Deshalb habe ich FOLKDAYS gegründet. Wir möchten auf Augenhöhe mit den Menschen agieren: Unser Antrieb ist es, keine Almosen zu verteilen, sondern ein Business zu schaffen, in dem jeder Beteiligte involviert ist und tatsächlich davon profitiert. Natürlich spielen dabei faire Löhne für unsere Produzenten eine entscheidende Rolle.

Wie kam es zum Namen „FOLKDAYS“?

Uns gefiel von Anfang an der englische Begriff „Folk“ sehr, weil er für Dinge mit langer Tradition, für Geschichtenerzählen, aber auch für eine politisch-musikalische Bewegung steht. Nach vielen schlaflosen Nächten fiel dann irgendwann einfach die Entscheidung.

Wie viele wart ihr, die das Projekt ins Rollen gebracht haben, und wie lange hat es von der Idee zur konkreten Umsetzung gedauert?

Vor über 10 Jahren habe ich Heidi in Paris bei einem Französischkurs kennengelernt. Wir saßen zufällig nebeneinander und fanden uns auf Anhieb super. Uns hat von Anfang an die Liebe zu schönen Dingen und der Wunsch, etwas in der Welt verändern zu wollen, verbunden. Mit Folkdays haben wir den Versuch gewagt, beides zu vereinen. Unser Ziel war es, eine Marke aufzubauen, bei der Menschen direkt wissen, dass sie tolle Produkte finden und gleichzeitig ein gutes Gewissen haben können.

Kimon, ein guter Freund von mir, der BWL und Jura studiert hat,  ist dann nach ein paar Monaten dazu gestoßen und somit war das Gründungsteam komplett.

Ich habe ab Januar 2013 erst alleine neben meinem Job und dann gemeinsam mit Heidi und Kimon am Konzept für FOLKDAYS gearbeitet. Im November sind wir dann online gegangen.

Wer ist Eure Zielgruppe?

Ich persönlich finde viele der alteingesessenen Labels zu „öko“ und auch im Design nicht zeitgemäß und innovativ. Das versuchen wir und einige andere jüngere Fair Fashion Labels zu verändern. Unsere ursprünglich anvisierte Zielgruppe deckt sich eigentlich ziemlich gut mit der aktuellen. Frauen zwischen 25 und 40, die sich Gedanken darüber machen, wo und was sie einkaufen, aber sich trotzdem stylisch kleiden möchten und Wert auf hochwertige Materialien legen.

Wie seid ihr gestartet und wo wollt ihr hin?

Am Anfang war FOLKDAYS eher ein kuratierter Shop. Mittlerweile designen wir viele der Produkte selbst und sind damit zu einem Fashion Label geworden. Wir sehen, dass der Bedarf nach einer Alternative zu etablierten Fashion Unternehmen groß ist. Diese Alternative wollen wir werden.

Wie wird Euer Projekt von Euren Kooperationspartner*innen und den Kund*innen aufgenommen?

Sehr gut. Unsere Produzenten freuen sich, auch mal mit einem jungen Label an modernen Designs zu arbeiten. Und unsere Kunden sind total toll und sehr treu. Wir haben es geschafft, bisher jedes Jahr unseren Umsatz zu verdoppeln. Hoffentlich geht das auch so weiter :-)

Gibt es schon positive Auswirkungen bei Euren Herstellern in den Herkunftsländern, z.B. wie auf Eurer Webseite angedeutet die Wiederaufnahme der traditionellen Handwerkstechniken?folkdays-produzenten

Klar. Jeder Euro der in diese teils sehr armen Regionen fließt, hat eine große Wirkung. Der Impact ist unmittelbar, vor allem dort, wo Menschen sonst keine Möglichkeit hatten, zusätzliches Einkommen zu generieren. Und natürlich wird auch bei jüngeren Menschen das Interesse für das traditionelle Kunsthandwerk größer, wenn sie sehen, dass man damit auch Geld verdienen kann.

Welches Nachhaltigkeitsverständnis hat Euer Unternehmen?

Das ist eine sehr gute Frage. Ich hatte letztens eine lange Diskussion mit einem Freund darüber, was eigentlich „fair“ bedeutet. Da gibt es natürlich unzählige philosophische Ansätze, die ich euch an dieser Stelle ersparen will. „Fair“ ist für uns ein Überbegriff, der für die Art und Weise steht, mit der wir unsere geschäftlichen Beziehungen führen, egal ob mit unseren Kunden, mit unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen oder unseren Produzenten und den kleinen Manufakturen vor Ort.

Wir möchten auf Augenhöhe mit den Menschen agieren, völlig wertfrei. Unser Antrieb ist es, ein Business zu schaffen, in dem jeder Beteiligte involviert ist und tatsächlich davon profitiert. Natürlich spielen dabei faire Löhne für unsere Produzenten eine entscheidende Rolle.

Wichtig ist jedoch auch, wie wir allgemein mit ihnen zusammenarbeiten. Einigen zahlen wir auch einen Teil der Produktionskosten, bevor sie überhaupt anfangen, für uns zu produzieren. Wenn z.B. der Einkauf des Materials ein zu großes finanzielles Risiko für sie bedeutet, übernehmen wir die Verantwortung. Bei anderen Produzenten, die professioneller aufgestellt sind, ist das nicht nötig.

Man merkt also, dass Fair Trade mehr bedeutet, als nur der finanzielle Hintergrund. Vielmehr geht es um gegenseitigen Respekt und solidarische Lösungen bei wirtschaftlichen Produktionsabläufen. Auch wenn ich selbst nicht so viel von Labels halte, sind Organisationen wie die World Fair Trade Organisation und die International Labor Organisation inhaltlich eine wichtige Referenz für uns.

Außerdem verwenden wir nur natürliche, lokale Materialien. Da wir mit vielen kleinen Produzenten in entlegenen Regionen zusammenarbeiten, gibt es dort aber teilweise keinen Zugang zu Biobaumwolle. Wo wir die Wahl haben, nutzen wir Biobaumwolle, fokussieren uns aber auch generell eher darauf, Materialien zu verwenden, die in den lokalen Regionen traditionell angebaut werden. Denn für uns ist es nicht nachhaltig, zertifizierte Bio- oder Fair Trade Baumwolle aus bspw. Indien nach Kambodscha zu schicken, um sie dort zu verarbeiten, wenn es vor Ort lokale Baumwolle gibt.

Was wird davon wie umgesetzt? Und was vielleicht auch nicht, und warum?

Was wir als Nachhaltigkeit für uns definieren ist ein Prozess. Es ist für uns wichtig, nicht still zu stehen sondern immer wieder Diskussionen zu diesem Thema zu führen, denn hier gibt es kein schwarz und weiß. Unser aktueller Nachhaltigkeitsansatz ist ein Ergebnis aus diesen Diskussionen. Auch in Zukunft werden wir dies weiter tun. Und dann ggf. Anpassungen vornehmen.

Was ist Eure größte Herausforderung?

Wir haben schnell gemerkt, dass wir, obwohl wir so tolle Produkte und Stories haben, eine Menge tun müssen, um Kunden zu gewinnen! Das liegt zum Beispiel daran, dass unser Werbebudget nicht allzu hoch ist und der Fashion-Markt sehr umkämpft ist. Aber es ist toll zu sehen, dass uns viele Blogger wie zum Beispiel die Jane Waynes, Journelles oder Dariadaria, aber auch viele andere Journalisten unterstützen.  Ohne diese Menschen wäre es viel schwieriger für uns.

Vielen Dank für das Interview!

 

folkdays_logo  FOLKDAYS – Hand–made Fairtrade Accessories from Original Source

folkdaysFOLKDAYS is a fair fashion label from Berlin. It is made for those who appreciate new ways of consumption, travel and living. Our passion is finding original sources of high quality materials and handcrafts with an authentic story behind them. In our design choices we aim to keep the traditional style of craft and combine it with modern simplicity.

During the last years FOLKDAYS has travelled to more than 10 developing countries searching out artisans that have a long tradition in their crafts, and are experts in the things they make for us. Once we find our craftspeople, we work to build equal and lasting partnerships, buying directly from them at a fair price. It’s our aim to help people keep the traditions of their work alive in a way that enables them to support themselves through increased and stable income. It’s moving the emphasis from charity to sustainable business that often starts with one artisan, but can be taught and eventually enable a whole community to thrive.

On folkdays.com you will not only find the best selection in handmade, fairtrade accessories, but also a space to introduce people, places and ideas that all contribute to our ultimate goal: a life that is inspired by style as well as sustainability.

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